Abnahme

Hauptversammlungssaison

"Der Klimawandel wartet nicht".

Covid-19 zum Trotz – auch 2020 sind Nachhaltigkeit und Corporate Governance wichtige Themen auf den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften. Unter erschwerten Bedingungen hat die Deka auf den großen Aktionärstreffen wieder die Stimme für die Anleger ergriffen.

Juli 2020

Formal gesehen hat die laufende Saison der Hauptversammlungen bis auf die vorgeschlagene Höhe der Dividende wenig mit Corona zu tun. Schließlich geht es beim alljährlichen Treffen der Aktionäre schwerpunktmäßig um das Zahlenwerk des Vorjahres – und da stand der Begriff meist noch für ein mexikanisches Feierabendbier. Wer die HV-Saison 2020 aber als Beobachter mitverfolgt, denkt nicht selten: Alles Corona, oder was?! Covid-19 hat alle Aktiengesellschaften des Globus im Griff. Überdeutlich hören, lesen, sehen und fühlen das in diesen Tagen Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance der Deka, und seine Kolleginnen und Kollegen. Denn noch nie haben sie nahezu drei Dutzend Aktionärsmeetings besucht – und sind dabei doch stets im heimischen Arbeitszimmer geblieben, vor sich im Bildschirm etwa den Vortrag des Bayer-Vorstandschefs aus einem geisterhaft leeren Studio. Der Zwang zum Social distancing verbietet so wie beim Chemieriesen fast überall das Zusammenkommen mit Hunderten Anteilseignern, Vorstand und Aufsichtsrat in einer Halle, verhindert deutliche Worte Auge in Auge mit dem Management und die große unausweichliche Aussprache über Stunden. Stattdessen finden Treffen als Videokonferenz statt.

„Virtuelle Hauptversammlungen sind ein Schlag gegen die Aktionärsdemokratie”, zieht Speich schonungslos Bilanz. Denn wo es vielleicht auf den ersten Blick aussieht, als kämen Videokonferenzen vielen Anlegern entgegen, zeigen sich bei näherer Betrachtung doch schnell ganz manifeste Nachteile: Anträge – etwa auf Einzelabstimmung – sind nach den Regeln der Video-HV nicht möglich, Fragen können nur im Vorfeld übermittelt werden, Reaktionen auf die Reden der Manager im Mäusekino des PC sind nicht möglich. Und eigene Statements finden natürlich weniger Resonanz, wenn sie nur schriftlich übermittelt werden. „Wenn wir den Finger auf die Wunden legen – und Tausende Aktionäre im Saal unterstützen uns mit Beifall, hat das natürlich mehr Wucht”, sagt Speich. Die virtuelle HV macht es also den Vertretern von Millionen von Anlegern schwerer.

Klare Ansage an den Vorstand.

Dennoch haben sich die Deka-Sprecher deutlich Gehör verschafft. Speich und seine Kollegen Vanessa Golz, Winfried Mathes und Andreas Thomae haben wie jedes Jahr die Bilanzen durchforstet, mit Analysten der Deka gesprochen und können auf Hunderte Besuche bei Firmen, Kapitalmarktveranstaltungen oder Kongressen bauen. Auf dieser Basis sind auch unter den Corona-Erschwernissen klare Statements, Empfehlungen und Fragen entstanden, mit denen Vorstände und Aufsichtsräte konfrontiert werden. Alles nach den Wertmaßstäben, die in den Grundsätzen der Abstimmungspolitik der Deka einen klaren Kompass für das Handeln im Sinn der Anleger vorgeben. Beispiel Lufthansa: Auch Deka-Vertreterin Golz erkennt an, wie der Shutdown das Geschäftsmodell der Airline zu Boden drückt. An der Staatsbeteiligung verbunden mit allen unternehmerischen Einschränkungen führe leider kein Weg vorbei. Golz mahnt aber: „Trotz und gerade wegen der Krise darf die Lufthansa nicht nachlassen, ihre Flotte nachhaltig umweltfreundlich zu gestalten, wenn sie sich langfristig am Markt durchsetzen will.“ Und gar nicht einverstanden sind die Anlegervertreter mit einem Engagement von Lufthansa-Chef Carsten Spohr als Aufsichtsrat bei Munich Re. Wer sein eigenes Unternehmen gerade vor dem Absturz retten muss, brauche dafür die ganze Aufmerksamkeit.

„Auch nach Corona wird ein verändertes Reiseverhalten, vor allem bei hochprofitablen Businesskunden, sichtbare Spuren im Flugplan hinterlassen. Die tiefgreifende Krise könnte nun zu einer Bereinigung des Marktes führen. Die Lufthansa muss sich positionieren.“

Vanessa Golz

Spezialistin Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka Investment zu Entwicklung und Strategie der Lufthansa.

Virtuell, das geht auch besser.

Spohr ist zwar dennoch bei dem Rückversicherer zum Aufsichtsrat gewählt worden – aber mit weniger Stimmen als erwartet. Wer weiß, wie es bei einer echten Aussprache im großen Saal ausgegangen wäre? Und auch bei der Munich Re kamen Ende April die Aktionäre nicht direkt zu Wort. Der Vorstand beantwortete Fragen nur in selbst zusammengefassten Komplexen, ohne die Absender zu nennen. In viereinhalb Stunden war die Versammlung abgehandelt. 2019 waren es viele Stunden mehr. Speich hofft denn auch, dass die Einschränkungen auf diese HV-Saison beschränkt bleiben. Das zuständige Bundesjustizministerium sollte bei Verlängerung aber zumindest auf mehr Mitwirkungsrechte dringen. Fragen sollten auch während der Vorstandsreden noch eingereicht werden können. Zudem sollten wie bei Präsenzveranstaltungen alle Vorstände und Aufsichtsräte Rede und Antwort stehen. 2020 beließ es manche AG nur bei der Mindestanforderung, die Chefs beider Gremien reden zu lassen.

Doch es geht auch anders. Beispiel Deutsche Bank: Das Management ließ dort zwar auch keine virtuelle Generaldebatte zu, hat aber zumindest die Reden schon vorher ins Internet gestellt. Freiwillig haben die Banker zudem einer Einzelentlastung der Vorstände und Aufsichtsräte zugestimmt – eine Forderung in den Prinzipien der Deka, genau wie eine „angemessene Dividende”, die „dem finanziellen Ergebnis des Unternehmens” entspreche und gesunde Liquidität erhalte. Hier müssen alle Anleger 2020 einen Dämpfer hinnehmen; Corona und die Folgen beuteln ja die ganze Welt. Anlegervertreter werden aber darauf achten, dass gesundende Firmen so bald wie möglich wieder auf den Weg steigender Gewinnbeteiligungen einschwenken. „Auch bei den Vergütungssystemen sehen wir grundsätzlich Bewegung”, so Speich. Bei den fixen Gehältern, Boni und Sonderleistungen sei grundsätzlich Augenmaß gerade auch mit Rücksicht auf gesellschaftliche Debatten vorhanden. Die erlaubte Gesamthöhe von Vorstandsbezügen sehen die Deka-Experten allerdings bei einigen Firmen wie etwa dem Walldorfer Softwarekonzern SAP weiter kritisch. Dies könne im Ergebnis zu mangelnder Akzeptanz für die Firmen und ihre Produkte führen – und so auch dem Aktienkurs schaden.

Geschäftsführung nach den Regeln von Corporate Governance und mit nachhaltigem Ansatz zahle sich spätestens mittelfristig immer aus. Da ist sich trotz Corona-Krise nicht nur das Deka-Team sicher – und hat so in zahlreichen Anträgen und Meinungsbeiträgen auf mehr Engagement in diese Richtung gedrängt. Und es hat sich ja auch einiges getan. Die Autobranche etwa stand schon in den Vorjahren besonders im kritischen Blick der Fonds-Vertreter. Speich sieht da nun einen Lernprozess. Beigetragen dazu hat auch die Erkenntnis, dass selbst die starke Verbrenner-Lobby trotz der Absatzschwierigkeiten keine besonderen Subventionen für Benziner und Diesel mehr durchsetzen konnte. Den Kurs der Deka, die sich schon länger für einen zügigeren Umbau der Konzerne in Richtung Klimaneutralität einsetzt, haben auch die Corona-Hilfsprogramme des Staates bestätigt.

Viele Konzerne setzen auch unter dem Spardiktat der Krise ihre eigenen Bemühungen für mehr Umweltfreundlichkeit oder besseren Schutz der Menschenrechte in der gesamten Wertschöpfungskette fort. Speich ist sich sicher, dass dies die richtige Strategie ist, auch für die nachhaltige Wertentwicklung der Aktien. Der Deka-Experte ergänzt: „Der Klimawandel macht auch in Corona-Zeiten keine Pause.” Der Einsatz für die Anlegerinteressen an zukunftsstarken Aktiengesellschaften auch nicht.

„Das zur Abstimmung vorgelegte Vorstandsvergütungssystem lehnen wir ab. Das Vergütungssystem ist von den Leistungskriterien her akzeptabel, allerdings nicht die neue Höhe der Maximal-Gesamtvergütung für einen Vorstandssprecher von 34,5 Millionen Euro.“

Ingo Speich

Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka Investment, zum Vergütungssystem bei SAP.

Kritik mit klarem Kompass.

Diesen Grundsätzen folgen die Deka-Experten bei den Abstimmungen auf Hauptversammlungen:

Corporate Governance

ist für die Deka besonders wichtig. Sie ist der Schlüssel für die nachhaltige Wertsteigerung ihrer Investments. Ein ausgewogenes Vergütungssystem, Diversität im Management und Sachverstand im Aufsichtsrat stehen im Fokus der Deka-Experten.

Nachhaltigkeit

ist ebenfalls einer der Aspekte, auf die besonders geachtet wird. Die Deka-Vertreter werden darum fallspezifisch auch gegen die Entlastung des Vorstands zu stimmen, wenn Verstöße gegen Sachverhalte aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

ESG-Themen (Environment, Social and Governance)

gewinnen im Dialog mit den Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Hierzu gehört auch die Beachtung der zehn Prinzipien des im Jahr 2000 gebildeten weltweiten Netzwerks UN Global Compact seitens der Unternehmen. Eine Klimaberichterstattung bewertet die Deka.

Wer mehr über die Abstimmungsprinzipien der Deka bei Hauptversammlungen erfahren will, findet hier die kompletten Grundsätze im Detail:

Deka-institutionell corporate-governance