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Impuls

Nicht abschreiben – warum die Krise der Immobilien nicht unbedingt eine Krise ist.

War‘s das schon mit dem Immobilienboom? Viele Investoren blicken angesichts gestiegener Zinsen skeptisch auf diese Assetklasse. Doch greift diese Sichtweise nicht zu kurz? Auf dem 3. Deka Institutionell Immobilientag zeigten Expertinnen und Experten auf, warum Immobilien auch weiterhin attraktiv sind, welche Sektoren jetzt sogar noch interessanter werden und welche Investorengruppe von dem aktuellen Marktumfeld besonders profitieren könnte.

Oktober 2023

Gestiegene Zinsen, hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie der fortwährende Trend zum Home-Office: Die vergangenen Monate waren nicht einfach für die Immobilienbranche. Die Folgen davon sind fallende Objektbewertungen, Probleme bei Projektentwicklern und deutlich niedrigere Transaktionsvolumina. Die derzeitige Situation hält damit ohne Frage einige spezielle Herausforderungen für Vermögens- und Immobilienverwalter bereit. Doch auf dem Deka Institutionell Immobilientag 2023 verbreiten die Referierenden auch Hoffnung.

Siegfried Kasprzyk, Leiter Immobilienbewertung bei der Deka, analysiert die Situation bei den Bewertungen wie folgt: „2023 ist der Transaktionsmarkt nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, Käufer und Verkäufer finden nicht mehr zusammen. Die geringe Transaktionstätigkeit wiederum führt zu fehlenden Vergleichstransaktionen. Ohne diese ist es aber schwieriger, die veränderten Marktwerte exakt abzulesen, da es keine ausreichend große statistische Grundmenge gibt, von der die neuen Preise gesichert abgeleitet werden könnten.“ Viele Investoren, die in der Vergangenheit ihre Objekte recht optimistisch bewertet hatten, sind nun mit größeren Bewertungskorrekturen konfrontiert, da sie derlei Bewertungen nicht mehr aus dem Markt ableiten können. Teilweise liegen die Preise am Markt spürbar unter dem Niveau von vor zwei bis drei Jahren. Kasprzyk erläutert: „Wir haben die Immobilien in unserem breit diversifizierten Portfolio aufgrund eher langfristig orientierter Bewertungen schon immer etwas konservativer bewertet. Daher mussten wir bisher unter dem Strich keine zu großen Abwertungen in unserem Bestandsportfolio vornehmen, und sind zuversichtlich, dass dies auch in den kommenden Monaten so bleiben dürfte. Der Markt kommt uns nun eher wieder entgegen.“ Grundsätzlich rechnet er damit, dass sich die Faktoren in der Immobilienbewertung für die Core-Objekte der Deka mittelfristig auf einem angepassten, aber anhaltenden Niveau bestätigen werden, wenn die Kaufzurückhaltung abnimmt.

Attraktivität von modernen Objekten steigt.

Eine Einschätzung, die Andreas Wellstein, Leiter Immobilienresearch der Deka, teilt: „Der Immobiliensektor reagiert zwar sehr deutlich auf Zinsänderungen, aber da das Ende der Zinserhöhungen absehbar ist, dürften auch die Immobilienbewertungen fast ihren tiefsten Punkt erreicht haben“, prognostiziert er. Darüber hinaus unterscheiden sich die Auswirkungen des Marktumfeldes immens: „Während ältere Objekte in peripheren Lagen deutlich stärker von Abwertungen betroffen sind, bleiben moderne nachhaltige Objekte in Top-Lagen weiterhin gefragt“, führt Wellstein aus. „Dazu kommt, dass die Leerstandsquote europaweit und insbesondere in deutschen Top 7-Städten mit rund 8,5 beziehungsweise fünf Prozent noch recht moderat ist.“

Die gestiegenen Zinsen haben zudem einen Nebeneffekt, der dabei helfen kann, Bewertungsanpassungen auszugleichen: „Die Nachfrage nach modernen Immobilien in Top-Lagen übersteigt weiterhin das Angebot. Höhere Zinsen und somit gestiegene Bau- und Finanzierungskosten dürften diese Entwicklung nur verstärken, werden doch weniger neue Objekte gebaut“, unterstreicht Rita Marie Roland, Partnerin Real Estate Transactions bei PricewaterhouseCoopers. „Wenn Unternehmen aufgrund des Trends zum Home-Office planen, ihre Büroflächen um bis zu 20 Prozent zu reduzieren, haben sich gleichzeitig aber die Ansprüche an Büroimmobilien stark verändert. Gesucht werden moderne Raumkonzepte, die vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bieten, Gemeinschafts- und Kollaborationsflächen beinhalten und höchste Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Moderne Immobilien in A-Lagen, die diesen Ansprüchen gerecht werden, sind rar – attraktive Objekte sind daher noch interessanter und begehrter.“

Eigenkapitalinvestoren profitieren.

Für langfristig orientierte Investoren bieten die teils günstigeren Bewertungen darüber hinaus gute Gelegenheiten, um das Portfolio auszubauen. In der Vergangenheit haben Investoren mit hohen Fremdkapitalanteilen die Transaktionsmärkte getrieben; mittlerweile hat sich die Situation aufgrund der gestiegenen Kapitalkosten aber deutlich normalisiert. „Investoren wie der Deka, die in ihren Fonds noch über erhebliche Liquiditätsquoten von 15 bis 30 Prozent verfügen, bietet sich ein sehr interessanter Investitionsmarkt“, so Katharina Gödecke, Leiterin An- und Verkauf Immobilien bei der Deka. Entsprechend sind langfristig orientierte Eigenkapitalinvestoren klare Profiteure der Marktsituation und derzeit marktbestimmend. „Als Core-Investor mit starkem Eigenkapital wollen wir uns weiterhin Bestandsobjekte und Projekte mit Fertigstellungen in 2024/2025 in Top-Lagen sowie zu attraktiven Renditen sichern. Diese finden wir derzeit vor allem off-market. Dabei zeigt sich inzwischen immer stärker, dass ESG-Kriterien, die bisher vor allem durch den Gesetzgeber getrieben wurden, Wert und Handelbarkeit von Objekten definieren. Grund dafür ist auch hier die geringere Neubautätigkeit und das somit verknappte Angebot.“

Letztendlich ist es wichtig, eine Tatsache nicht zu vergessen, mahnt Christian Skerka, Projektentwickler Development Services beim Bauunternehmen Strabag: „Das aktuelle Marktumfeld führt dazu, dass wir im Zusammenhang mit vielen Immobilien immer mehr von sogenannten ‚stranded assets‘ sprechen. Ich habe das Gefühl, dass bei vielen Marktteilnehmern dabei die Assoziation entsteht, es handele sich hier um gestrandete und verlorene Objekte, die grundsätzlich keine Zukunft mehr haben. Aktuell sind sie aber vor allem eines: in ihrer aktuellen Verfassung wirtschaftlich gefährdet. Dies heißt jedoch nicht, dass sich das nicht wieder ändern kann. Und ja, zur Wahrheit gehört auch, dass auf dem Weg dorthin Werte teilweise abgeschrieben werden müssen und neues Geld notwendig ist, um Objekte zu retten. Aber durch umfangreiche Sanierungen oder kluge Modernisierungen, die Gebäude wieder zeitgemäß und ESG-konform zu machen, können eben auch stranded assets wieder relevant werden. Für Immobilieneigentümer und -verwalter ist dabei vor allem wichtig, flexibel und anpassungsfähig zu bleiben – dann lassen sich auch schwere Zeiten überstehen.“

Dazu kommt: Die derzeitigen Neubewertungen führen zwar dazu, dass die relative Attraktivität von Immobilien gegenüber risikofreien Assets gesunken ist. Grundsätzlich hat die Anlageklasse aber nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt: „In Zeiten hoher Inflation und dauerhaft niedriger Realzinsen bleiben beispielsweise Gewerbeimmobilien dank indexierter Mietverträge sehr interessant für institutionelle Investoren“, so Immobilienexperte Wellstein. „Das knappe Angebot in Kombination mit der anhaltend hohen Nachfrage nach Flächen führt sogar zu steigenden Mieten, welche die Bewertungskorrekturen teilweise ausgleichen.“

Videobeitrag vom 3. Deka Institutionell Immobilientag.

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