Deka Institutionell Investment-Konferenz 2022
Mehr Handlungsmut und Zuversicht: Wie Wirtschaft und Gesellschaft die Herausforderungen in Europa stemmen können.
Welche Auswirkungen haben die immer neuen Krisen auf die Menschen, die Wirtschaft und die Politik hierzulande? Wie stabil ist das demokratische Gesellschaftssystem in Europa angesichts der anhaltenden Herausforderungen? Und was bedeutet die aktuelle makroökonomische und politische Gemengelage für die Kapitalmärkte? Antworten auf diese Fragen erhielten jüngst die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Deka Institutionell Investment-Konferenz 2022 in Oberursel.
Dezember 2022
Daseinsfreude und Zuversicht der Menschen sind derzeit immer neuen Zerreißproben ausgesetzt: Wohlstandseinbußen durch den Kampf gegen den Klimawandel, die Corona-Pandemie, Inflationsschocks und zuletzt durch eine bis vor kurzem undenkbare militärische Eskalation in der Ukraine führen dazu, dass sich auch in Deutschland immer mehr Bürgerinnen und Bürger nicht nur um ihren langfristigen Lebensstandard sorgen. Auch die Stabilität unseres demokratischen Gesellschaftssystems und die gesamten Zukunftsaussichten des Kontinents sehen sie gefährdet. Vor allem die anhaltende Teuerung bereitet den Menschen zunehmend Kopfzerbrechen.
In einer solchen Phase werden auch die Eurokritiker immer lauter, und manch einer sieht die europäische Gemeinschaftswährung schon als gescheitert an, da, so deren Argumentation, die anhaltend hohe Inflation und die damit einhergehenden steigenden Zinsen die Staatsverschuldungen ins Unermessliche steigen ließen.
Doch wie berechtigt sind die Ängste, dass ungewöhnlich hartnäckige Inflationsschübe nicht nur eine ernstzunehmende Gefahr sind für die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft – und damit auch für die Grundlagen des Wohlstands der Menschen –, sondern darüber hinaus auch ein Risiko für die Stabilität und den Zusammenhalt Europas darstellen.
Auf der Deka Institutionell Investment-Konferenz gibt Ulrich Kater Entwarnung. Der Chefvolkswirt der Deka konnte in seinem Vortrag die Argumente der Pessimisten entkräften. Denn zu den Auswirkungen der hohen Inflation gehöre eben auch, dass sie für die Staaten geradezu ein Entschuldungsprogramm sei – zudem bewege sich die Schuldenquote der europäischen Staaten in einer handhabbaren Größenordnung. Schließlich steige neben der Staatsverschuldung auch das jeweilige jährliche Bruttoinlandsprodukt deutlich an. Allerdings stellte er auch heraus, dass die Inflation, die sich im kommenden Jahr wieder rückläufig entwickeln sollte, die wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsschichten ungleich härter träfe: „In Teilbereichen der Wirtschaft wie etwa dem Niedriglohnsektor sind berechtigte Ängste entstanden“, so der Ökonom. Hier sei der Staat gefordert, schnell einen Ausgleich zu schaffen.
Joachim Gauck, Bundespräsident a. D.
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank
Auch Susanne Hellmann plädiert für eine konstruktive Diskussion darüber, wie die von drohenden Wohlstandseinbußen besonders betroffenen Menschen gezielt entlastet werden können. Nach Einschätzung der Leiterin Abteilung Institutionelle Anleger bei der Deka sollte es dabei keine Denkverbote geben, denn so einiges könne durchaus kritisch hinterfragt werden, wirtschaftspolitische Vorhaben gegebenenfalls nachjustiert und korrigiert werden.
„So müssen beispielsweise Anstrengungen gegen den Klimawandel und zu mehr Nachhaltigkeit für die Menschen auch bezahlbar sein“, gab sie zu bedenken. Schließlich könne sich nicht jeder ein energetisch optimiertes Zuhause leisten, da energieeffizienter Häuserbau deutlich kostenträchtiger sei als herkömmliche Bauweisen. Genauso sei absehbar, dass sich nicht jeder ein Elektroauto leisten können wird. Denn der Anschaffungspreis batteriebetriebener Fahrzeuge ist im Schnitt wesentlich höher als bei Verbrennern. Solche sozialökonomischen Herausforderungen ignorierten derzeit aber viele Gesetze, Verordnungen und Auflagen. Dazu gehöre etwa das Verbot von Ölheizungen und Verbrennungsmotoren ab den 2030er Jahren.
„Die Welt und unsere gemeinsamen Werte sind im Wandel. In der Politik, in der Gesellschaft und auch in der Wirtschaft nimmt daher der Handlungsbedarf zu“, lautet Hellmanns Fazit. „Um die Zukunft unserer Wirtschaft auf neue Füße zu stellen und damit die Weichen zu stellen für ein starkes, stabiles, demokratisches System von morgen.“
Mehr Gestaltungsmut wagen.
Mit ihrem Appell für mehr Gestaltungsmut und mehr Zuversicht sowie ihrer Aufforderung, dabei selbst vermeintliche Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen, ist Hellmann nicht allein.
So zeigt sich auch die Neurowissenschaftlerin Maren Urner davon überzeugt, dass die Ausgangslage für die Gestaltung der Zukunft unserer Wirtschaft und unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens besser ist, als es oftmals erscheint: „Menschen haben von der Welt einen schlechteren Eindruck, als die Realität selbst ist.“ Begründet sie doch die hohe Aufmerksamkeit für alles Negative mit dem Überlebenswillen der Menschen. In der Steinzeit bis ins Mittelalter waren diese darauf ausgerichtet, Gefahren schnell zu erkennen, um sich im Bedarfsfall sofort in Sicherheit bringen zu können. „Überleben ist und war die zentrale Aufgabe unseres Gehirns.“ Diesem Muster müssten wir zwar heute nicht mehr folgen, allerdings sind unsere Gehirne in vielerlei Hinsicht noch die gleichen wie die unserer Vorfahren in der Steinzeit.
Die Herausforderung sei es, laut Urner, die Macht der Gewohnheiten zu durchbrechen und anstatt über Probleme über Lösungen zu sprechen. Denn, so zitiert sie Steve de Shazer: „Das Reden über Probleme schafft Probleme, das Reden über Lösungen schafft Lösungen.“
Susanne Hellmann, Leiterin Abteilung Institutionelle Anleger, DekaBank
Prof. Dr. Maren Urner, Neurowissenschaftlerin, Professorin für Medienpsychologie, Bestsellerautorin
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck ermuntert in seinem Vortrag „Nicht den Ängsten folgen, den Mut wählen“ ebenfalls zur Suche nach Lösungen. Er stellt jedoch heraus, dass Ängste unser Land prägen. Doch anstatt auf die Dinge zu schauen, die nicht funktionieren, sollten wir lieber auf die erreichten Erfolge schauen. „Deutschland hat nach dem Krieg über Generationen das Gelingen trainiert“, schildert der ehemalige Bundespräsident und macht deutlich, dass die Gesellschaft mit Mut die Herausforderungen der Zeit meistern kann. Schließlich habe man in Deutschland unter anderem eine Rechtssicherheit erreicht, dazu Wohlstand und soziale Sicherheit „wie nie zuvor“. Genauso wie die Demokratietreue der Menschen – und auch das „kollektive Miteinander“, das man mit den Nachbarnationen entwickelt habe.
Einzigartige Anpassungsfähigkeit vieler Unternehmen.
Dem pflichtete der Soziologe Armin Nasseli in seinem Vortrag bei, indem er aufzeigte, dass Deutschland ein führendes Land in Sachen Innovation und Industrie sei.
Ulrich Kater bestätigt diese optimistische Auffassung auch aus den Reihen der Sparkassen. „Zwar ist die makroökonomische Situation zurzeit die, die sie ist, allerdings teilen uns Sparkassen aus ganz Deutschland eine ungeheure Dynamik ihrer Firmenkunden mit. Die Anpassungsfähigkeit vieler Unternehmer ist einzigartig.“ Und auch der Bankensektor in Europa sei in einer deutlich besseren Verfassung als noch 2007.
„Wir werden sowohl die Energiekrise als auch die Inflationskrise überwinden“, zeigt sich der Chefökonom zuversichtlich. „Die hohen Energiepreise werden zwar Spuren hinterlassen. Die Rezession, die wir erwarten, fällt relativ flach aus.“ Große Teile der Wirtschaft seien davon nicht betroffen.
In dieses Bild passen auch die Ausblicke der Deka-Vorstände Matthias Danne und Torsten Knapmeyer. „Das Geschäftsmodell der Deka ist – trotz der aktuell fragilen wirtschaftlichen Situation – stabil.“ Mit Blick auf die Kapitalmärkte könne es kurzfristig zwar noch etwas holprig werden, und auch an den Immobilienmärkten werde es kurzfristig herausfordernd. „Trotz aller Herausforderungen an den Märkten ist das größte Risiko, die sich bietenden Chancen nicht zu nutzen“, so Knapmeyer.
Das untermauert auch Katers Einschätzung zur Entwicklung an den Börsen: „Die Kapitalmärkte haben die extremen Schwankungen relativ gut verkraftet. Auch wenn sich die Zinsanhebungen teils erst im kommenden Jahr in der Realwirtschaft auswirken werden.“ An den Kapitalmärkten gebe es eine Zinswende in dem Sinn, dass die Zeit der Negativ- und Nullzinsen vorbei sei – „das aber ist keine Zeitenwende zum Schlechten“, brachte es Kater auf den Punkt.
Laut Thomas Leicher, Leiter Institutionelle Kunden bei der Deka, bieten beispielsweise hochverzinsliche Unternehmensanleihen aussichtsreich erscheinende Anlagemöglichkeiten, die zur aktuellen Marktphase passen. „Und der Zeitpunkt, um wieder stärker in den Aktienmarkt zu gehen, ist nicht mehr weit weg“, lautete eine weitere konkrete Investmenteinschätzung.
Nach Auffassung der Expertinnen und Experten der Deka sollten Investoren ihr Augenmerk auch auf die Immobilienmärkte richten und sich auch hier rechtzeitig positionieren. Denn spätestens im dritten Quartal 2023 seien die Immobilienmärkte wieder intakt. Für das Wertpapiergeschäft rechnet der Deka-Vorstand mit einem guten Verlauf: „2023 wird ein gutes Wertpapierjahr.“
Video-Interviews von der Deka Institutionell Investment-Konferenz.
„Unsere Gesellschaft ist zu ängstlich”
Bundespräsident a. D.
Wodurch wir auch in Krisenzeiten neuen Mut fassen und mehr Zuversicht gewinnen können, erläutert der frühere Bundespräsident Joachim Gauck im Video-Interview.
„Den Blick mehr nach vorn richten, und nicht nach hinten“
Neurowissenschaftlerin, Professorin für Medienpsychologie, Bestsellerautorin
Wieso wir nicht zu lange an alten Strukturen festhalten sollten, erläutert Neurowissenschaftlerin und Bestsellerautorin Maren Urner im Video-Interview.
weitere interessante Artikel