Wo gibt’s noch High Yield ohne High Risk?
Emerging Markets – die Regionen fürs Bond Picking.
Anleihen aus Schwellenländern können bei smarter Auswahl überdurchschnittliche Renditen erzielen, denn die Credit Spreads sind oftmals höher als die entsprechenden Risiken.
Mai 2019
2018 war für die Schwellenländer ein schwieriges Jahr an den Kapitalmärkten. So büßte der Aktienindex MSCI Emerging Markets 18 Prozent ein – eine Folge der Kombination aus einer schwächeren Weltkonjunktur, höheren US-Leitzinsen, einem stärkeren US-Dollar und gestiegenen Ölpreisen. Zugleich dominierten einige wenige Schwellenländer mit ihren spezifischen Herausforderungen (etwa die türkische Währungskrise oder das argentinische Haushaltsdefizit) die mediale Wahrnehmung der Emerging Markets.
Wertentwicklung von - bis | MSCI EM | |
15.04.2013 - 15.04.2014 | −2,88% | |
15.04.2014 - 15.04.2015 | 38,88% | |
15.04.2015 - 15.04.2016 | −21,14% | |
15.04.2016 - 15.04.2017 | 23,88% | |
15.04.2017 - 15.04.2018 | 17,76% | |
15.04.2018 - 15.04.2019 | 4,06% |
Als Resultat stehen Schwellenländer an den Kapitalmärkten unverändert unter Druck. Zu Unrecht, meint Michael Discher-Remmlinger, Experte für Renten International bei der Deka. „Schwellenländer sind volkswirtschaftlich alles andere als ein homogenes Anlageuniversum, und die überwiegend negativen Schlagzeilen der letzten Monate überlagerten häufig die oftmals positiven Fundamentaldaten und Bewertungen.“ Die Vielfalt der Schwellenländer mit ihren teilweise stark unterschiedlichen Gegebenheiten rückte an den Kapitalmärkten zunehmend aus dem Fokus. Mit steigender Risikoaversion an den Märkten versahen immer mehr Anleger die Schwellenländer vielmehr pauschal mit einem kritischen Prädikat. Dabei gibt es den idealtypischen Emerging Market nicht. Zwischen Märkten wie Sri Lanka, China, Mexiko oder Südafrika liegen nicht nur geografisch Welten. Sie weisen vielmehr in zahlreichen kapitalmarktrelevanten Kategorien ebenfalls große Unterschiede auf. Zudem werden negative Effekte eines steigenden US-Dollars an den Märkten teilweise überschätzt: So sind viele Schwellenländer längst nicht mehr nur in US-Dollar verschuldet, da sie sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verstärkt über den lokalen Anleihemarkt finanziert haben. Zudem haben viele dieser Länder mittlerweile Vermögenswerte in US-Dollar aufgebaut, profitieren partiell also sogar von einer steigenden US-Währung.
Ungeachtet dieser Faktoren gelten Schwellenländer unverändert allgemein als riskantes Investment. Um Anleger dennoch anzulocken, liegen die Spreads in den Emerging Markets im Durchschnitt immer noch deutlich höher als zu Beginn des Jahres 2018. Zugleich sind die konjunkturellen Perspektiven für viele Schwellenländer deutlich positiver, als die Entwicklung des vergangenen Jahres vermuten lässt – und als es die Spreads suggerieren. Die klassische Gleichung „High Yield ist gleich High Risk“ gilt in der aktuellen Konstellation in dieser Absolutheit nicht mehr. Während die Höhe der Spreads von High Yield-Anleihen aus Emerging Markets häufig signifikante Risiken suggerieren, sind diese Risiken in der Realität oftmals geringer. „Aus dieser Konstellation ergeben sich für langfristig orientierte Anleger attraktive Einstiegsmöglichkeiten und taktisch gute Perspektiven für Sondererträge. Denn sie können vergleichsweise niedrige Risiken mit attraktiven Renditemöglichkeiten kombinieren“, betont Discher-Remmlinger. Ein Automatismus gilt aber natürlich auch hier nicht. Denn so vielfältig das Spektrum der Schwellenländer ist, so breit sind auch die Bonitäten gestreut. „Nicht jeder hohe Spread bietet tatsächlich eine lohnende Einstiegsmöglichkeit. Gerade im Emerging Market-Bondmarkt sind Investoren gut beraten, vor einem Engagement sehr genau die Bonität des jeweiligen Emittenten zu prüfen. Zudem muss das Risiko-Rendite-Profil zur eigenen Anlagestrategie passen“, unterstreicht Discher-Remmlinger. Grundsätzlich gilt aber: Emerging Markets sind besser als ihr aktueller Ruf, und für Anleger lohnt es sich zu prüfen, wie und ob sie dieses Momentum nutzen können.
Interview mit Marianne Ullrich.
Schwellenländer und Nachhaltigkeit.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei der Geldanlage gerade bei institutionellen Anlegern eine immer größere Rolle. Warum?
MARIANNE ULLRICH: Zum einen möchten die Anleger aus ethischen Gründen Geschäftspraktiken wie Kinderarbeit, Korruption oder Umweltverschmutzung nicht unterstützen. Zum zweiten ist die Einhaltung von Umwelt-, Social- und Governance-Kriterien, kurz ESG-Kriterien, wichtig für die Reputation und mittlerweile zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Risikomanagements geworden. Darüber hinaus werden ESG-Kriterien genutzt, um interessante Investitionschancen zu identifizieren. Dazu zählen zum Beispiel zukunftsweisende Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie Umwelt- und Klimafragen.
„Darüber hinaus werden ESG-Kriterien genutzt, um interessante Investitionsschancen zu identifizieren.“
Marianne Ullrich
Nachhaltigkeit & Corporate Governance
Ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der Geldanlage mit Renditeeinbußen verbunden?
ULLRICH: Traditionell herrschte unter institutionellen Anlegern die Meinung vor, dass das Anlegen unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien auf Kosten der finanziellen Performance geht. Diese Bedenken konnten jedoch in den letzten Jahren durch eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Studien ausgeräumt werden, die eine positive Korrelation zwischen ESG und der Anlage-Rendite nachweisen.
Auf welche Märkte sollten institutionelle Investoren setzen, wenn sie ihre Anlage unter ESG-Kriterien mit einem attraktiven Chancen-Risiko-Verhältnis verbinden wollen?
ULLRICH: Interessanterweise zeigen ESG-Kriterien weltweit nicht die gleiche Wirkung. So erzielen sie bei Aktien aus den Schwellenländern einen deutlich größeren Effekt als bei ihren Pendants aus den Industrieländern. Daraus lässt sich ableiten, dass ESG-Anlagen dort am wirksamsten sind, wo die größten Unterschiede bei der Performance in puncto Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen in Erscheinung treten und das breitere institutionelle, regulatorische und wirtschaftliche Umfeld am schwächsten ausgeprägt ist.
Wie unterstützt die Deka institutionelle Investoren bei der Anlage unter ESG-Kriterien?
ULLRICH: Die speziellen Bedürfnisse von Investoren machen eine individuelle Betreuung unverzichtbar. Auf Basis langjähriger Erfahrungen bei nachhaltigen Eigenanlagen und Investmentlösungen mit mehr als zehn Milliarden Euro verwalteten Kundengeldern erarbeiten die Deka-Nachhaltigkeitsexperten in enger Zusammenarbeit mit Investoren individuelle Anlagelösungen. Dabei arbeitet die Deka Hand in Hand mit verschiedenen Nachhaltigkeits-Ratingagenturen und integriert Informationen externer Researchanbieter in die eigenen Systeme.