Mehr Zeit für die wichtigen Dinge
Wie Versicherer mit einer Master-KVG-Lösung ihren Ressourceneinsatz optimieren können.
Niedrigzinsumfeld und Regulatorik binden Kapazitäten bei Versicherungen – die Fondsadministration aus einer Hand schont die Nerven, schafft neue Handlungsspielräume und reduziert den Verwaltungsaufwand.
Ein Gespräch mit Jörg Sinner, Mitglied des Vorstandes der VGH Versicherung, Matthias Schillai, Leiter Asset Servicing & Institutionelle Services und Dirk Wiegelmann, Leiter des Kompetenzteams VAG-Investoren bei der Deka.
„Das ist schon ein immenser Aufwand, wenn man seine Fondsadministration bei verschiedenen Kapitalverwaltungsgesellschaften liegen hat“, stellt VGH Vorstandsmitglied Jörg Sinner fest. „Das kostet unnötig Zeit und Nerven und bindet Kapazitäten.“ Kapazitäten, die derzeit anderweitig dringend benötigt werden. Schließlich haben es Versicherungen mit einem extrem schwierigen Umfeld zu tun, nämlich der Kombination aus immer strengeren regulatorischen Vorschriften, insbesondere Solvency II, und niedrigen Zinsen.
„Eigentlich müssten wir uns mit diesen Themen und mit Lösungsmöglichkeiten, wie alternativen Anlagen, intensiv auseinandersetzen“, macht Sinner klar. Auf der Suche nach einem Weg, wie er diese Kapazitäten freiräumen kann, landete er bei der Fondsadministration. „Wenn Sie mit zwei oder mehr KVGs zusammenarbeiten, bedeutet das, dass Sie verschiedene Datensätze zusammenbringen und oft manuell nacharbeiten müssen. Damit verdienen wir kein Geld, sondern erfüllen gesetzliche Auflagen.“
„Mit der Bündelung aller Fonds bei einer Master-KVG schaffen wir uns die Freiräume, um uns mit den Herausforderungen des aktuellen Umfeldes zu befassen.“
Mitglied des Vorstandes, VGH Versicherung
Aufwand, der überflüssig ist. Und das gilt nicht nur für Versicherungen. „Auch bei Pensionskassen, kirchlichen Investoren oder Versorgungswerken stellen wir fest, dass der Druck durch die Regulatorik und das Zinstief zunimmt“, erklärt Matthias Schillai, Leiter Asset Servicing bei der Deka-Gruppe. „Und dass diese häufig mit ihren Kapazitäten eng aufgestellt sind, sich zugleich aber inhaltlich um neue Themen kümmern müssten.“ Anfang 2017 entschied sich Herr Sinner deshalb, die gesamte Kapitalanlageseite der VGH-Gruppe, zu der unter anderem Lebens-, Kranken- und Sachversicherungen zählen, von nur noch einer Master KVG, der Deka, administrieren zu lassen. „Natürlich ist so ein Projekt mit Aufwand verbunden, aber unter dem Strich zahlt sich das aus“, sagt er. Der Startschuss fiel im März 2016. Im ersten Schritt bilden die Experten des Asset-Servicing-Bereichs der Deka ein Team, das basierend auf den Vorgaben des Kunden einen genauen Fahrplan erstellt, das Projekt steuert, auftretende Schwierigkeiten abfängt und mit allen Parteien, die involviert sind, in engem Kontakt ist. Gerade Letzteres ist wichtig. „Sie dürfen nicht vergessen, dass an einem Fondstransfer eine Vielzahl an Gruppen beteiligt ist, die auch recht unterschiedliche Anforderungen haben“, erklärt Dirk Wiegelmann, Leiter VAG-Investoren bei der Deka-Gruppe.
„Wir stellen fest, dass bei vielen institutionellen Investoren die Kapazitäten eng sind, sie sich jedoch eigentlich um inhaltlich neue Themen kümmern müssten.“
Leiter Asset Servicing, Kunden- und Mandatsbetreuung,
Deka Investments
Da sind der Kunde selbst, die Verwahrstelle, die abgebende sowie die aufnehmende KVG und die Asset Manager, an die der Kunde Mandate vergeben hat. Aber auch diverse Abteilungen beim Kunden selbst, wie die Kapitalanlageeinheiten, das Controlling, Back-Office oder Steuern, müssen mit ins Boot geholt werden. „Als KVG müssen wir dann zum Beispiel sicherstellen, dass der Kunde, der Asset Manager, die Verwahrstelle und die KVG die Anlagerichtlinien eines Fonds alle in gleicher Weise interpretieren“, so Wiegelmann. Auch gibt es bei einem Fondstransfer Frozen Zones, Zeiten, in denen nicht gehandelt werden sollte. „Natürlich sind wir als Kunde daran interessiert, diese so gering wie möglich zu halten“, meint Sinner. Aus diesem Grund muss der Zeitplan für die Übertragung der Fonds für alle transparent und so gestaltet sein, dass die Frozen Zones möglichst kurz ausfallen.
Wöchentliche Informations- und Abstimmungstermine sowie eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind folglich eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche und schnelle Fondsmigration. „Wichtig sind zudem eine tiefe Expertise, langjährige Erfahrung und die Kapazität einer KVG“, sagt Sinner. „Nach meiner Erfahrung kann der Prozess der Fondsmigration nur dann mit möglichst wenig Reibung funktionieren, wenn das alles gegeben ist.“ Hilfreich ist aus diesem Grund zum Beispiel, dass das Asset-Servicing-Team der Deka bereits über 100 Asset Manager angebunden hat. „Die Anbindung eines neuen Asset Managers ist für uns Tagesgeschäft. In den komplexen Verhandlungen zahlt sich die Erfahrung unserer Spezialisten aus“, so Wiegelmann.
Wichtigste Anforderung an das Asset Servicing der Deka aber war die Risikobetrachtung. „Heute steht im Mittelpunkt, dass eine Versicherung keine existenzbedrohenden Risiken eingeht“, sagt Sinner. Eine Folge der Erfahrungen aus der Finanzkrise. „Vollkommen transparent durch alle Fonds hindurchschauen zu können war deshalb ein wichtiger Punkt dafür, die Fondsadministration in nur noch einer Master-KVG zu bündeln.“
„Es ist ein erheblicher Vorteil, wenn eine KVG bereits eine Vielzahl an Asset Managern in der einen oder anderen Weise angebunden hat.“
CFA, Leiter VAG-Investoren
In der Tat kommt dem Thema Reporting überragende Bedeutung zu. Auf der Anlageseite eines institutionellen Kunden befinden sich heute unzählige unterschiedliche Fonds. Kann durch einen Fonds nicht hindurchgeschaut werden, dann geht der Gesetzgeber von maximalem Risiko, also von 100 Prozent Aktien, in diesem Vehikel aus. Folglich muss die Höchstquote an Eigenkapital zur Absicherung hinterlegt werden. „Dank der kompletten Transparenz bei unseren Anlagen und einem entsprechend detaillierten Reporting sind wir nun aber in der Lage, das zu hinterlegende Eigenkapital zu minimieren“, sagt Sinner.
Unter Risikoaspekten spielt aber auch die Möglichkeit, das Reporting an die individuellen Bedürfnisse eines Kunden anpassen zu können, eine wichtige Rolle. Das gilt bei dem Hannoveraner Versicherer umso mehr, da es unter dem Dach der VGH neun Tochtergesellschaften mit jeweils unterschiedlicher Risikotragfähigkeit gibt. Für Sinner ist deshalb wichtig, dass er für jede Tochterfirma einen exakten Einblick in die Risiken auf der Anlageseite bekommt. So kann er die Anlageseite für jede Gesellschaft einzeln optimieren.
Aber auch eine genaue Performance- und Attributionsanalyse sind für ihn wichtige Instrumente, um die Kapitalanlageseite richtig zu steuern. „Dadurch, dass wir detailliert in alle Fonds schauen können, haben wir tiefe Einblicke in die Leistung der Manager“, so der VGH-Vorstand. „Und so können wir besser beurteilen, wer uns was bringt und wo es sich vielleicht lohnen könnte, ein Mandat neu auszuschreiben.“
Dazu kommen weitere, aus Sicht der VGH-Versicherung positive Aspekte. „Dazu gehört, dass wir mit den Experten der Deka Sparringspartner bei regulatorischen und steuerlichen Themen haben“, erklärt Sinner. „Oder auch, dass wir wie in einem Baukasten uns die Dienstleistungen flexibel dazubuchen können, die wir brauchen.“ Ein Beispiel dafür ist das Overlay-Management. „Unsere Fondsmanager sollen stets zu 100 Prozent investiert sein. Damit ich trotzdem ein vernünftiges Risikomanagement betreiben kann, ohne in den Anlageprozess des Managers einzugreifen, ist ein Overlay Management, mit dem ich das Risiko-Exposure steuern kann, hilfreich.“
Beim Ausblick auf die weitere Zusammenarbeit schätzt Herr Sinner insbesondere die Kompetenzen der Deka im Bereich Nachhaltigkeit. Das Leistungsspektrum der Deka reicht von der nachhaltigen Ausgestaltung von Anlagerichtlinien bis zur Übernahme der Ausübung von Stimmrechten. Aus der direkten Zusammenarbeit mit dem hierfür verantwortlichen Geschäftsführer Michael Schmidt, der zugleich einziger deutscher Vertreter in der High-Level Expert Group on Sustainable Finance der EU-Kommission ist, können sich weitere individuelle Dienstleistungen entwickeln.
„Dank eines vollkommen transparenten und detaillierten Reportings sind wir in der Lage, das zu hinterlegende Eigenkapital auf ein Minimum zu reduzieren.“