Kapitalmarkttrends
Kapitalmärkte zwischen Wachstumsoptimismus und Inflationssorgen
Die durch die Corona-Pandemie ausgelösten Verwerfungen an den Kapitalmärkten können zweifelsohne als historisch bezeichnet werden. Dabei hat die Corona-Pandemie zu einigen Besonderheiten an den Kapitalmärkten geführt, wie Deka-Volkswirt Joachim Schallmayer feststellt.
Juni 2021
Die durch die Corona-Pandemie ausgelösten Verwerfungen an den Kapitalmärkten können zweifelsohne als historisch bezeichnet werden. Dabei hat die Corona-Pandemie zu einigen Besonderheiten an den Kapitalmärkten geführt, welche bis heute die Bewegungen der Assetklassen ganz entscheidend prägen.
Zum einen wurde in einem bislang ungekannten Ausmaß und einer ungekannten Geschwindigkeit geld- und fiskalpolitisch agiert. Zum anderen wurde die Weltwirtschaft, die sich zum Jahresbeginn 2020 gerade in einer zaghaften Erholungsphase befand, zwar notwendigerweise aber dennoch künstlich in einen Ruhezustand versetzt. Dies hatte zur Folge, dass die Geschäftstätigkeit der Unternehmen von heute auf morgen zum Stillstand kam und die Gewinne entsprechend schnell kollabierten. Diese Besonderheit sorgte allerdings auch dafür, dass sich mit der Lockerung der Restriktionen die Unternehmensgewinne ebenso rasant wieder erholen und eine aufgestaute Nachfrage zu zusätzlichen Aufwärtsimpulsen aber auch Verzerrungen führen.
Quelle: DekaBank, Stand Juni 2021.
„Doch je länger die wirtschaftliche Erholungsbewegung anhält und je breiter sich diese über die verschiedenen Wirtschaftssektoren abzeichnet, umso fraglicher ist es, wie lange die ultraexpansive Geldpolitik, noch Bestand haben kann. Denn angesichts einer zunehmenden Verstetigung der wirtschaftlichen Aufholbewegung bedarf es keiner im Notfallmodus agierenden Geldpolitik.“
Im Gegenteil, eine derart ultraexpansiv agierende Geldpolitik produziert Anreizverzerrungen und Nebenwirkungen, die ihrerseits selber das Potenzial haben, die Finanzmarktstabilität und damit die Realwirtschaft zu gefährden.
„Für die weitere Richtung an den Kapitalmärkten kommt es jetzt neben der Verstetigung des Aufwärtstrends der Realwirtschaft ganz wesentlich darauf an, dass den Notenbanken der geldpolitische Ausstieg aus den Notfallprogrammen gut gelingt. Dabei kommt vor allem der Inflationsentwicklung in den kommenden Jahren eine ganz zentrale Bedeutung zu.“
Leiter Kapitalmärkte und Strategie im Makro Research der Deka.
Bislang gehen die meisten Zentralbanken davon aus, dass der Preisdruck von vorrübergehender Natur ist. Denn offenkundig ist hierfür der aktuelle Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage verantwortlich und nicht etwa die Höhe der Auslastungsgrade. Somit geraten die Notenbanken unter keinen unmittelbaren Zeitdruck und genauso wie nach der Finanzmarktkrise dürfte ein Teil der ursprünglich nur zur akuten Notfallbekämpfung angedachten Maßnahmen dauerhafter Natur werden und ein Ausstieg könnte sich länger als geplant hinauszögern.
Die Fed dürfte mit einem Zurückfahren der Anleihekäufe vom derzeitigen monatlichen Volumen in Höhe von 120 Mrd. USD ab dem kommenden Jahr beginnen, ein erster Zinsschritt ist erst ab Mitte 2023 zu erwarten. Für die EZB rechnen wir mit einem langsameren geldpolitischen Ausstieg als er derzeit an den Märkten eingepreist wird, Wertpapierkäufen des APP bis in das Jahr 2025 und einem Beginn der Leitzinserhöhungen erst 2026.
Es ist zwar mit moderat ansteigenden Renditen im laufenden Jahr und auch in 2022 und 2023 zu rechnen. Sehr weit tragen werden diese Anstiege allerdings nicht, vor allem aber dürfte der Realzins über die gesamten 2020er Jahre deutlich im negativen Bereich verbleiben.