Abnahme

Deka Institutionell Investment-Konferenz 2023

Konstruktive Perspektiven für Aktien und Anleihen.

Welchen außergewöhnlichen Herausforderungen Konjunktur und Kapitalmärkte derzeit gegenüberstehen. Und welche Aussichten sich daraus für vorausschauende Investoren entwickeln.

November 2023

Der anhaltende russische Angriffskrieg, die sich zuspitzenden Machtspiele um die globale Führungsrolle zwischen den USA und China – und auch die Eskalation im Nahen Osten. Aktuelle geopolitische Konflikte üben neben der Geldpolitik der Notenbanken teils erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Wirtschaft aus.

Zwar könnten sich die Auswirkungen des Krieges im Nahen Osten auf die internationalen Kapitalmärkte in Grenzen halten, solange er sich nicht zu einem Flächenbrand ausweitet. Doch schon jetzt durchläuft die Weltkonjunktur – mit Ausnahme der wirtschaftlichen Lage der USA – eine Schwächephase und dürfte frühestens im Verlauf des nächsten Jahres wieder kräftiger wachsen.

Insbesondere für Unternehmen der stark ausfuhrabhängigen Volkswirtschaften Europas, die gleichzeitig Netto-Energieimporteure sind, gestaltet sich die geopolitische Gemengelage herausfordernd. Allen voran wird Deutschland als führende Exportnation des Kontinents durch die negativen Auswirkungen auf seine Absatzmärkte, Lieferketten und Energieversorgung überdurchschnittlich stark in Mitleidenschaft gezogen.

Für zusätzlichen konjunkturellen Gegenwind sorgen die Inflationsbekämpfungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB): Als Folge ihrer Leitzinserhöhungen sind die Finanzierungszinsen im Euro-Raum in die Höhe geschossen wie nie zuvor – im Juli 2023 lagen die durchschnittlichen Zinsen für Unternehmenskredite laut EZB so bereits bei fast fünf Prozent.* Zeitgleich habe sich die Darlehensvergabe drastisch abgeschwächt.

Auch die staatliche Schuldenfinanzierung hat sich in den vergangenen Monaten drastisch verteuert: Bevor die Eskalation im Nahen Osten Anfang Oktober den am Kapitalmarkt üblichen Fluchtreflex in sichere Staatsanleihen auslöste, wodurch die Renditen wieder etwas absanken, hatte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen – und damit das gesamte Zinsspektrum im Euroraum – zeitweise die Marke von drei Prozent erreicht. Allein von August bis September 2023 waren die zehnjährigen Renditen um mehr als einen halben Prozentpunkt angestiegen.

Aktuelle Situation der Realwirtschaft in den USA.

Die EZB dürfte zwar genauso wie die US-Notenbank (Fed) ihren Leitzinsanhebungszyklus weitgehend abgeschlossen haben. Doch die Unsicherheit hinsichtlich des zeitnahen Erfolgs bei der Inflationsbekämpfung, des angemessenen Maßes für die Normalisierung der Geldpolitik und nicht zuletzt der Wirkungsverzögerungen der bisherigen Leitzinserhöhungen ist diesseits und jenseits des Atlantiks anhaltend hoch.

Zudem bleiben Zweifel, ob sich die Konjunktur auch in den USA abkühlen wird. Denn nur dann könnte eine Abkehr von der restriktiven Geldpolitik in den Vereinigten Staaten in Betracht gezogen werden, ohne ein erneutes Aufflammen der Inflation zu riskieren. Die US-Notenbank hat aus ihrem Kardinalfehler der 1970er gelernt. Im Kampf gegen die Inflation hatte die Fed damals zu früh den Mut verloren und ihre zinspolitischen Zügel gelockert. Die Folge waren jahrelange, hartnäckig hohe Teuerungsraten und wirtschaftliche Instabilität. Die Notenbanker der weltweit führenden Wirtschaftsnation haben in den vergangenen Monaten oft genug signalisiert, dass sie nicht beabsichtigen, das zu frühe geldpolitische Umschwenken zu wiederholen.

Zweifel bezüglich der US-Konjunkturabkühlung resultieren vor allem daraus, dass sich der Unternehmensbereich weiterhin als überraschend widerstandsfähig zeigt: So bewegen sich etwa die Gewinnerwartungen der börsennotierten US-Unternehmen nahe ihrer Allzeithochs. Insgesamt ist die größte Volkswirtschaft der Welt im dritten Quartal 2023 um rund vier Prozent gewachsen.

Dr. Ulrich Kater

Chefvolkswirt der Deka

Aktuelle Situation an den Kapital- und Anlagemärkten.

Trotz dieser Unwägbarkeiten entwickeln sich die Kapitalmärkte insgesamt recht stabil. Ein maßgeblicher Grund: Die Finanzmarktteilnehmer gehen offensichtlich davon aus, dass am Ende des derzeitigen Straffungszyklus der Notenbanken wieder eine normalisierte Geldpolitik mit weitgehend zielkonformen Inflationsraten und neutralen, niedrigeren Leitzinsen stehen wird.

An den Bondmärkten beispielsweise signalisieren die Zinsaufschläge bei Unternehmensanleihen oder Emerging-Markets-Anleihen, die recht gering sind, eine besonders große Gelassenheit. Die Notierungen an den Aktienbörsen haben sich inzwischen zwar wieder deutlich von ihren Jahreshöchstständen entfernt, doch unter dem Strich halten sich auch diese wacker. Sowohl in Europa als auch an der Wall Street notieren die Aktienkurse im Schnitt weiterhin deutlich höher als noch Ende vergangenen Jahres.

Die Aktienmärkte stützt zusätzlich, dass es zahlreichen Unternehmen offenbar gelingt, bei Gewinnen und Umsätzen den globalen Widrigkeiten weitgehend zu trotzen. In Deutschland gilt dies vor allem für die in der Regel stärker internationalisierten und diversifizierten Großkonzerne. Nach Einschätzung von Analysten ist dies ein wesentlicher Grund dafür, dass sich etwa der Performance-Vorsprung des DAX gegenüber dem Aktienindex der mittelgroßen deutschen Unternehmen, MDAX, im laufenden Jahr auf inzwischen rund zehn Prozentpunkte ausgeweitet hat.

Ausblick für die Realwirtschaft.

Maßgeblich auch für die weiteren Aussichten der Realwirtschaft und an den Kapitalmärkten bleiben neben den schwierig zu prognostizierenden geopolitischen Entwicklungen in erster Linie die Inflationsproblematik – und die damit zusammenhängende künftige Geldpolitik der großen Notenbanken. Als wahrscheinlichstes Szenario erscheint derzeit, dass die Inflationsraten in den USA und Europa in den kommenden Monaten weiter spürbar zurückgehen werden – und zwar vor allem als Ergebnis der beherzten geldpolitischen Straffung.

Gleichzeitig ist mittelfristig sowohl in Europa als auch in Übersee eine (zusätzliche) Wachstumsabschwächung bei den Unternehmensgewinnen zu erwarten, weil davon auszugehen ist, dass die Zinsbelastung der Unternehmen in den kommenden Quartalen spürbar steigen wird. Denn die Volkswirtschaften sind immer noch dabei, sich an das rasant gestiegene Zinsniveau anzupassen. Und dies ist mit vielen Friktionen verbunden: In Deutschland und Europa muss sich etwa die Bauindustrie weiter an einen Nachfrageeinbruch anpassen. Investitionsgüterhersteller erleben weltweit eine Flaute. Und die Finanzwirtschaft muss die Reaktionen von Sparern und Investoren in ihren Bilanzen managen.

Alles zusammen bremst die gesamtwirtschaftliche Nachfrage – und damit auch die Ertragsaussichten des Unternehmenssektors. Genau das ist der Effekt, den die Notenbanken erreichen wollen. Denn ein Nachfrageüberhang gilt als Auslöser der Inflation. Ist der Überhang abgebaut, sollte die Inflation wieder in den Bereich zurückgehen, den die bedeutendsten Notenbanken der Wirtschaft vordefinieren: auf einen engen Zielkorridor um die zwei Prozent.

Ausblick für die Kapital- und Anlagemärkte.

Unter dem Strich dürfte somit nicht nur die EZB, sondern auch die Fed aufgrund der sich allmählich abschwächenden Inflation sowie steigender Wachstumsrisiken und ihrer entsprechend angepassten makroökonomischen Projektionen von weiteren Leitzinserhöhungen absehen. Darauf deuten etwa die Einschätzungen der US-Notenbanker im Mitte Oktober veröffentlichten Protokoll zur Fed-Sitzung hin: Demnach waren sich die stimmberechtigten Fed-Mitglieder bei ihren Treffen zwar einig, dass die Leitzinssätze lange hoch bleiben sollten – verdeutlichten gleichzeitig jedoch, dass die Risiken einer zu starken Straffung abgewogen werden müssten.

Der Anstieg der langfristigen US-Renditen in den vergangenen Monaten scheint der Fed also offenbar bereits genug Spielraum zu ermöglichen, um ihre straffe Geldpolitik allmählich ausklingen zu lassen. Perspektivisch können die Notenbanken ihre restriktive Geldpolitik im kommenden Jahr wieder leicht lockern. Bei der EZB ist mit dem Beginn von Leitzinssenkungen etwas später in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu rechnen.

Implikationen für Investoren.

Mit der Aussicht auf mittelfristig sinkende Leitzinsen ergeben sich konstruktive Kapitalmarktperspektiven für die Aktien- und Rentenmärkte. Denn in diesem Szenario könnten sich zügig neue belastbare Trends an den Börsen ausbilden.

Rückläufige Teuerungsraten sollten in den kommenden Monaten dämpfend auf die Inflationserwartungen und damit auch auf die Renditen langlaufender Staatsanleihen wirken. Im Gegenzug würde sich das Kurspotenzial für Anleihemärkte erhöhen. Zunehmend attraktiv erscheinen daher beispielsweise Anlagen in zehnjährige US-Staatsanleihen. Daneben können auch Unternehmensanleihen eine Alternative bieten.

Insbesondere an den Aktienmärkten hellen sich die Aussichten auf: Zum einen dürfte das Ausmaß möglicher Korrekturen begrenzt sein. Schließlich sind derzeit die Bewertungen der Unternehmen an den Börsen moderat. So liegt beispielsweise das Kurs-Gewinn-Verhältnis europäischer Dividendenpapiere im Mittel nur beim etwa Zwölffachen der für 2024 prognostizierten Gewinne – und damit etwas unter dem historischen Durchschnitt.

Das vergleichsweise attraktive Bewertungsniveau bildet zum anderen auch eine solide Ausgangsbasis für mittel- und langfristig wieder steigende Kurse. Mit dem möglichen Näherrücken der ersten Leitzinssenkungen durch die Fed im kommenden Frühjahr könnte zudem auch Gold auf einen neuen, belastbaren Aufwärtstrend einschwenken. Gleichwohl muss hier bis dahin immer wieder mit marktbedingten Rücksetzern gerechnet werden.


Exklusive Einblicke, Meinungen und Perspektiven zu den Entwicklungen an den Märkten – und darüber hinaus – erhielten institutionelle Investoren auf der „Deka Institutionell Investment-Konferenz“ am 16. und 17. November in Oberursel. Renommierte Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen referierten hier zu aktuellen, spannenden Themen. Der persönliche Austausch stand ebenso im Vordergrund.

Interviews und Berichte von der Deka Institutionell Investment-Konferenz 2023 finden Sie in Kürze hier auf deka-institutionell.de

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