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Abnahme

MÄRKTE

Mehr als nur ein Licht am Ende des Tunnels.

Dezember 2020

Das Jahr 2020 hat uns gleichermaßen – privat sowie beruflich – vor große Herausforderungen gestellt. Dies gilt selbstverständlich auch für die Kapitalanlage. Mit der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus kam es an den Aktienmärkten zum schnellsten Kurseinbruch seit dem Börsencrash von 1987. Innerhalb von nur vier Wochen sind die Notierungen in den USA um 35% gefallen und der DAX büßte in der Spitze 40% an Wert ein. Die aus konjunktureller Sicht tiefste Rezession seit Ende des zweiten Weltkrieges wurde an den Märkten in kürzester Zeit eingepreist. In der Folge fiel das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) europäischer Aktien bis auf 10 und die Unternehmensgewinne kollabierten infolge weltweiter „Lockdowns“ um mehr als 30%. Das Ausmaß der Verunsicherung spiegelt sich auch in der Volatilität wieder. Der VIX-Index auf den S&P 500 ist im März bis auf 80 und dem damit höchsten Niveau seit der Finanzmarktkrise 2008/09 gestiegen. Und selbst aktuell liegen die Schwankungen noch immer deutlich über Vorkrisenniveau.

Aber nicht nur die Korrektur, sondern auch die „V-förmige“ Erholung in den darauffolgenden Monaten sucht ihresgleichen. Während die europäischen Indizes aktuell etwa 10% unter der Bestmarke vom Februar notieren, konnten US-Aktien bereits im August die Corona-Krise ad acta legen und neue Allzeithochs erklimmen. Noch eindrücklicher fällt der Kursanstieg im Technologiesektor aus. Verglichen mit den Tiefständen im März ist die Nasdaq um fast 90% gestiegen (40% seit Jahresanfang) und hat damit den gesamten Aktienmarkt beflügelt.

Ausschlaggebend für die fulminante Börsenrallye war die massive Unterstützung von geld- und fiskalpolitischer Seite. In der Folge hat sich die Konjunktur deutlich schneller erholt, als dies während der ersten Infektionswelle erwartet worden war. Mit Ende des dritten Quartals lag die wirtschaftliche Aktivität der USA nur noch 3,5% und im Euroraum etwa 5% unter dem Niveau von Ende 2019, während China bereits 3% zulegen konnte. Gleichzeitig ist jedoch die Verschuldung weltweit (Staaten, Unternehmen und Haushalte) um 15 Billionen US-Dollar beziehungsweise 33% auf 362% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen. Dies droht zumindest langfristig das Wachstum zu belasten.

Glücklicherweise lassen uns die Nachrichten über eine erfolgreiche Impfstoffentwicklung deutlich optimistischer in die Zukunft blicken. Trotz der noch anhaltenden Belastungen über die Wintermonate ist im kommenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von etwa 5% in Europa und den USA zu rechnen. Dies sollte die Unternehmensgewinne weltweit um 30% beflügeln und für entsprechend Unterstützung an den Aktienmärkten sorgen. Mit der Bereitschaft durch die gegenwärtige Schwächeperiode hindurchzugehen, nehmen Anleger jedoch bereits einen Teil der Erholung vorweg. Die Bewertungen befinden sich im historischen Kontext auf deutlich erhöhten Niveaus und waren in der Frühphase eines neuen Konjunkturzyklus meist eher rückläufig. Im relativen Vergleich zu den Rentenmärkten sind Aktien aufgrund des anhaltend tiefen Zinsniveaus dagegen ausgesprochen attraktiv und weitestgehend alternativlos. Je nach Region scheint ein Ertragspotenzial zwischen 10% und 15% in 2021 mehr als realistisch. Erst eine weniger expansive Gangart von geld- und fiskalischer Seite könnte die Kurse stärker belasten. Damit wäre jedoch erst bei nachhaltig höheren Inflationsraten zu rechnen, wofür es aufgrund der schwachen Lohndynamik aktuell keine Anzeichen gibt. Das Risiko kurzzeitiger Renditesprünge ist jedoch durchaus gegeben. Die am Markt gehandelten Inflationserwartungen befinden sich bereits auf deutlich erhöhten Niveaus und stellen insbesondere für die Anleihemärkte eine mögliche Gefahr dar. Neben der Anlage in Aktien werden im kommenden Jahr auch weiterhin Unternehmens- und Schwellenländeranleihen präferiert. Zwar haben sich die Risikoprämien in den vergangenen Monaten stark eingeengt. Gleichzeitig ist aber der befürchtete Anstieg in den Ausfallraten weitestgehend ausgeblieben. Zweifelsohne wird das Umfeld auch mit einem Impfstoff herausfordernd bleiben. Nach der jüngsten Kursrallye sollten temporäre Gewinnmitnahmen nicht überraschen. Insgesamt gehen wir jedoch mit einer eindeutig konstruktiven Sicht auf die Märkte ins neue Jahr.

Christoph Witzke

Leiter Anlagestrategien Deka Investment.