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Abnahme

Regulatorik

Infrastrukturinvestments und die Anlageverordnung.

Institutionelle Investoren setzen aktuell verstärkt auf Alternative Anlageformen. Dabei werden sie jedoch durch die Regulatorik stark eingeschränkt, so dass beispielsweise für Versorgungswerke das Erzielen einer ausreichenden Rendite angesichts der niedrigen Zinsen zur Herausforderung wird. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat 2021 deshalb die Einführung einer zusätzlichen Infrastrukturquote beschlossen, um Abhilfe zu schaffen.

Februar 2022

Auskömmliche Renditen mit Rentenanleihen sind derzeit kaum möglich – die umfassenden Maßnahmenpakete infolge der COVID-19-Pandemie sowie die global sehr expansive Zentralbankpolitik haben die Niedrigzinsproblematik im liquiden Fixed Income-Bereich noch verschärft. In den vergangenen Jahren sind viele institutionelle Investoren daher dazu übergegangen, ihre Portfolio-Allokation in Alternatives wie Immobilien, Private Equity, Infrastruktur oder Private Debt deutlich zu erhöhen. Der im November 2021 veröffentlichte BAI Investor Survey zeigt, dass bei den 104 befragten Investoren Alternative Investments bereits rund 23 Prozent der Portfolios ausmachen.

Institutionelle Investoren unterliegen in Deutschland jedoch einem umfangreichen Investorenaufsichtsrecht. Nach Auffassung von Patrizia Gruszczyk, Expertin für Kundenregulatorik bei Deka Institutionell, erschweren die aufsichtsrechtlichen Vorgaben jedoch oftmals eine höhere Allokation in Alternatives wie Infrastruktur: „Viele Aufsichtsregimes, wie zum Beispiel die Anlageverordnung, setzen einen sehr konservativen Rahmen für die Vermögensallokation, da sie in ihrem Aufbau von der Struktur eines Hochzinsumfelds geprägt sind. Die aktuellen Herausforderungen der regulierten Investoren werden nicht ausreichend berücksichtigt.“ So enthält die Anlageverordnung (AnlV) einen sehr eng definierten Anlagekatalog. Das Risikomanagement wird über spezifische Quoten für deren Mischung und Streuung gesteuert. „Investoren werden in Deutschland durch die Regulatorik bei der Portfoliogestaltung in ein sehr enges Korsett gezwängt – welches viele Anlagen nicht berücksichtigt, die in den letzten Jahren an Popularität gewonnen haben.“ Dies liege auch daran, dass die letzte Überarbeitung der Anlageverordnung mehr als fünf Jahre zurückliege. In ihren Grundzügen ist die AnlV seit fast 30 Jahren nicht mehr angepasst worden – in der Finanzwelt ein unvorstellbar langer Zeitraum.

Die Anlageverordnung gilt über das jeweilige Landesrecht auch für Versorgungswerke und gibt diesen den Anlagerahmen vor. Hier müssen für Investitionen in Alternative Anlagen speziell die Risikokapitalanlagenquote (35 Prozent) und die Alternative-Quote (7,5 Prozent) berücksichtigt werden. Je nach Investment kann es jedoch auch sein, dass einzelne Anlagen stattdessen unter die Immobilienquote (25 Prozent) oder die ABS-Quote (7,5 Prozent) fallen. Infrastrukturinvestments werden beispielsweise in der Risikokapitalanlagequote erfasst; je nach Investition und Vehikel ist jedoch auch eine Zuordnung zu der Alternative-Quote oder der Immobilienquote möglich. Die Quoten definieren dabei den maximal möglichen Anteil der Anlagen am Sicherungsvermögen. Aktieninvestments und Beteiligungen beispielsweise müssen neben anderen der Risikokapitalanlagenquote zugeordnet werden. Die Mischung und Streuung der Vermögensanlagen soll durch einen Risikoausgleich zwischen den verschiedenen Anlagen anlagetypische Risiken und Konzentrationsrisiken begrenzen und so die Sicherheit des gesamten Bestandes gewährleisten. „Die Anlageverordnung gibt strikte qualitative und quantitative Vorgaben für das Sicherungsvermögen. Um die mit dem Rechnungszins kalkulierten Zusagen zu erwirtschaften, müssten auch Versorgungswerke jedoch viel stärker in Assetklassen investieren, die noch auskömmliche Rendite erzielen. Vielfach stoßen sie daher an die Grenzen der regulatorisch vorgegebenen Quoten“, beschreibt Gruszczyk die Problematik.

Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2021 als erstes Bundesland auf diese Problematik reagiert und eine separate Infrastrukturquote eingeführt. Die Anrechnung der Anlagen auf die Risikokapitalquote, und gegebenenfalls auch auf andere Quoten, entfällt. Das Bundesland entlastet damit Versorgungswerke, die nun zusätzliche Infrastrukturinvestments tätigen können oder mehr Spielraum in anderen Quoten gewonnen haben. Die Nutzung der Quote unterliegt allerdings einigen Restriktionen: So müssen die Versorgungswerke die Inanspruchnahme der Quote beantragen und dazu eine Nachhaltigkeitsstrategie vorweisen, Einschränkungen beim freien Vermögen in Kauf nehmen und zusätzliche Anforderungen im Berichtswesen erfüllen. Nichtsdestotrotz bringt die Einführung einer solchen Quote Vorteile mit sich, so Gruszczyk: „Mit der neuen Infrastrukturquote entlastet Nordrhein-Westfalen die Situation in den Portfolios seiner Versorgungswerke und ermöglicht eine Erweiterung der Kapitalanlage. Bisher wurden Infrastrukturinvestitionen meist über Eigen- oder Fremdkapitalbeteiligungen umgesetzt und mussten als Fremd- oder Eigenkapitalinstrument in der Risikokapitalanlagenquote erfasst werden. Je nach Vehikel fielen sie teilweise auch unter die Alternative-Quote. Da die Unternehmen Infrastrukturanlagen nun in die neue Quote verschieben können, erhöht sich hiermit der Anteil ihres Portfolios, den sie in renditeträchtige Assets investieren können.“ Der Bedarf ist groß: So zeigte der BAI Investor Survey 2021, dass Versorgungswerke mit 20 Prozent bereits jetzt die zweitgrößte Investorengruppe bei der Assetklasse Infrastruktur darstellen.

Somit können Versorgungswerke die Vorteile von Infrastrukturinvestments noch stärker nutzen: zum einen kann durch sie ein steter und stabiler Cash-Flow generiert werden, zum anderen bieten sie einen gewissen Schutz vor Inflation und sind weniger volatil als andere Assets, da Infrastruktur robust auf Konjunktureinbrüche reagiert. Nicht zuletzt ist der Ausblick äußerst positiv: Der Investitionsbedarf in Infrastruktur ist erheblich. Allein in Deutschland schätzen das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), dass bis 2030 über 450 Milliarden Euro erforderlich sein werden. Darüber hinaus ist in den kommenden Jahren mit einem massiven Anstieg des Bedarfs zu rechnen. So hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ein „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“ ausgerufen und plant eine umfassende Transformation und Modernisierung Deutschlands, mit massiven zusätzlichen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur oder erneuerbare Energien. Schon jetzt ist klar, dass für die Finanzierung dieser Pläne große Summen privaten Kapitals benötigt werden. Die Ampel-Koalition hat entsprechend bereits angekündigt, „privates Kapital institutioneller Anleger, wie Versicherungen und Pensionskassen,“ zu mobilisieren.

Die Deka unterstützt Kunden, die von den Vorteilen von Infrastrukturinvestments profitieren wollen, auf verschiedene Weise. So können institutionelle Investoren beispielweise über offene und Individualkreditfonds in Infrastrukturmaßnahmen investieren. Dabei bietet die Deka verschiedene Möglichkeiten, etwa über Infrastrukturkredite des Primär- und Sekundärmarktes, und gewährleistet größtmögliche Kreditsicherheits- und Qualitätsstandards. Auch die Auflegung geschlossener oder offener Spezialfonds mit konkreten Investments in Infrastrukturprojekte sind nach individuellen Kundenwünschen und unter Berücksichtigung der spezifischen regulatorischen Anforderungen möglich. Als KVG versteht die Deka die regulatorischen Vorgaben ihrer unterschiedlichen Kundengruppen und ist in der Lage, für jedes Investorenaufsichtsrecht maßgeschneiderte Produkte anzubieten.

„Das Niedrigzinsumfeld wird uns in Europa noch einige Jahre erhalten bleiben. Um den Rechnungszins zu erwirtschaften, müssen auch Versorgungswerke verstärkt die Möglichkeit haben, in renditeträchtige Anlagen wie Infrastruktur, aber auch Private Equity oder Private Debt zu investieren. Die Einführung einer Infrastrukturquote ist ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung und Nordrhein-Westfalen unterstreicht damit erneut seine Vor­reiterrolle bei der Modernisierung der Regulatorik. Langfristig werden wir jedoch nicht um eine grundlegende Reform der Anlageverordnung herumkommen“, fasst Patrizia Gruszczyk zusammen.

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