Regulatorik
„Private Debt ist längst kein Nischenmarkt mehr“
Private Debt hat den Status als Nischenmarkt hinter sich gelassen. Zwei Drittel der Befragten des BAI Investor Survey 2021 gaben an, in die Assetklasse zu investieren. In den kommenden Jahren dürfte die Attraktivität von Private Debt aufgrund der wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen weiter zunehmen.
Januar 2022
Im jährlichen Investor Survey des Bundesverbands Alternative Investments e.V. (BAI) Ende November 2021 gaben 66 Prozent der Teilnehmer an, in Corporate Private Debt investiert zu sein. 38 Prozent hatten ein Exposure in Infrastructur Debt, 46 Prozent in Real Estate Debt und 13 Prozent verfügten über Investments in Credit Specialities – laut BAI „ein massiver Anstieg“ im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Damit ist Private Debt längst ernstzunehmende Strukturkomponente für die Portfolios institutioneller Investoren. Nach Einschätzung der Deka wird Private Debt, d.h. die Kreditvergabe an Unternehmen durch Nicht-Banken, mit Blick auf das strukturelle Niedrigzinsumfeld einen persistenten Beimischungsanteil im Rahmen der Asset Allokation institutioneller Investoren einnehmen müssen.
Der Aufstieg der Assetklasse ist untrennbar mit der stärkeren Regulierung der Banken nach der Finanzkrise von 2008 verbunden. Striktere Eigenkapitalvorgaben führten zu einem massiven Rückgang in der Kreditvergabe der Finanzinstitute – während zeitgleich der Kapitalbedarf der Unternehmen stieg. Insbesondere der Mittelstand verzeichnete Finanzierungslücken, darunter auch zunehmend Unternehmen, die am Kapitalmarkt Investment-Grade-Ratings erhalten würden.
Von dieser Situation profitierten vor allem Kreditfonds, die sich als alternative Geldgeber etablieren konnten. Für Investoren bot sich durch die Kapitalvergabe im weniger transparenten, illiquiden Private Market eine Alternative zu traditionellen Anlagenklassen, mit der Möglichkeit, im Niedrigzinsumfeld auskömmliche Renditen zu erzielen. Unternehmen wiederum fanden eine zusätzliche Finanzierungsquelle, die oftmals mehr Flexibilität und Individualität bietet und zumeist schneller umsetzbar ist als eine reguläre Kreditvergabe.
Diese Situation wird sich laut Patrizia Gruszczyk, Expertin für Kundenregulatorik bei Deka Institutionell, voraussichtlich weiter fortsetzen: „Durch die diversen umfassenden Maßnahmenpakete infolge der COVID-19-Pandemie sowie der global unverändert sehr expansiven Zentralpolitik wurde die Niedrigzinsproblematik im liquiden Fixed Income-Bereich verschärft.“ Gleichzeitig stehe mit Basel IV bis spätestens 2023 bereits die nächste Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften an. Je nach Anwendung des „Output Floor“ könne es unter den neuen regulatorischen Vorgaben beispielsweise zu einer stärkeren Verteuerung der Kredite kommen. Hier sei es möglich, dass risikoarme Positionen mehr verteuert werden als risikoreiche. Dabei bleibt der Kapitalbedarf der Unternehmen nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie weiter hoch. Institutionelle Investoren sollten Private Debt daher auch in den kommenden Jahren als strukturellen Bestandteil im Rahmen ihrer Portfolioallokation berücksichtigen.“
Patrizia Gruszczyk, Expertin für Kundenregulatorik bei Deka Institutionell.
Diversifikation und kontrolliertes Risiko.
Die Anlageklasse bietet einige Vorteile: Zunächst lassen sich dank der geringen Korrelation mit traditionellen Anlageklassen positive Diversifikationseffekte erzielen. Dabei ist das Risiko beherrschbar: Da es sich bei den einzelnen Deals um maßgeschneiderte Lösungen handelt, können Absicherungen nach unten eingebaut werden und auch zusätzliche Besicherungen im Interesse der Anleger vereinbart werden. Auch suchen längst nicht mehr nur Unternehmen aus dem Sub-Investment-Grade-Sektor Finanzierungen, sondern zunehmend auch Unternehmen, die dem Investment-Grade-Bereich öffentlicher Märkte entsprechen – die Ausfallraten sind entsprechend moderat. Daher lassen sich durch die Beimischung von Private Debt die Renditeziele erreichen, ohne das Risiko-Rendite-Profil zu erhöhen. Durchschnittlich können Investoren mit vier Prozent Rendite rechnen, da sie für ihr Engagement mit einer Komplexitäts- und Illiquiditätsprämie belohnt werden. Aufgrund der Kombination unterschiedlicher Kreditstrategien kann dabei über alle Marktzyklen hinweg eine stabile Wertentwicklung erzielt werden.
Private Debt ermöglicht Investoren die Beimischung konjunkturunabhängiger Anlagen mit kalkulierbaren langfristigen Cashflows und Besicherung. Davon können insbesondere Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen profitieren. Viele Kreditstrategien in diesem Bereich verfügen über lange Laufzeiten, die sich ideal komplementär zur Struktur der Verbindlichkeiten von VAG-Investoren darstellen.
Bei allen genannten Vorteilen weist die Anlageklasse allerdings eine gewisse Komplexität auf: „Private Markets stellen höhere Anforderungen an die Auswahl der richtigen Investment-Strategien und Manager. Sie erfordern einen umsichtigen Umgang mit Liquidität und spezielles Expertenwissen, beispielsweise bei der Struktur und Dokumentation der Kredite. Zusätzlich sind insbesondere eine starke juristische Kompetenz in den Bereichen Aufsichts-, Investment- und Steuerrecht und ein erfahrenes Risikomanagement vonnöten“, erläutert Gruszczyk.
DALI erleichtert Zugang zu Private Debt.
Die Deka ermöglicht Investoren auf verschiedenen Wegen Zugang zu der Assetklasse. Neben eigenen Privat-Debt-Produkten, können Investoren über die Luxemburger Investitionsplattform Deka Alternative Investments (DALI), sowohl in Deka-Produkte als auch in Zielfonds externer Anbieter investieren. Über die Plattform lassen sich flexible Strukturierungslösungen für die individuellen Anforderungen verschiedener Anlegergruppen finden. Ziel von DALI ist es, institutionellen Investoren den Erwerb von alternativen Vermögenswerten über Dach- und Single-Fonds-Investments möglich zu machen. Dabei haben Anleger die Möglichkeit, indirekt über einen deutschen Master-Fonds beziehungsweise einen Luxemburger Spezialfonds oder direkt über die eigene Bilanz zu investieren. Mit der Umsetzung der Novellierung des Investment-Steuergesetzes sind seit 2018 unter gewissen Voraussetzungen auch deutsche Lösungen nach § 282 KAGB für Alternative Investments attraktiv.
Tiefe Marktkenntnisse sind nötig, um potentielle Deals zu identifizieren, zu strukturieren und zu platzieren. „Wir verfügen über ein engmaschiges, über Jahrzehnte gewachsenes Netzwerk aus Investment-Banken, Rating-Agenturen, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmenskunden und Family Offices. Aus diesem Netzwerk werden pro Jahr rund 100 Private-Market-Transaktionen an uns herangetragen“, stellt Gruszczyk heraus. So ergeben sich gerade im Ausland durch dort benötigte lange Finanzierungslaufzeiten oftmals verschiedene Investment-Gelegenheiten. Denn für die Banken im europäischen Ausland können Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten unter Umständen nicht kompatibel mit ihren eigenen Refinanzierungsbedarfen sein. Für deutsche Versicherer, Pensionskassen oder Versorgungswerke ist genau das die Chance, die sie nutzen können – vorausgesetzt, sie werden über ihren Asset Manager auf diese Gelegenheiten aufmerksam gemacht.
Opportunitäten erschließen.
Eine solche Opportunität ist die Finanzierung von niederländischen Hypotheken über Secured Bonds. Dabei fokussiert die Deka sich auf die attraktive Nische vermieteter Mixed-Use-Immobilien mit gewerblicher und wohnwirtschaftlicher Nutzung. Bei einem Investment im Rahmen eines deutschen Spezialfonds (AIF) wird dafür eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV) gegründet. Die SPV vergibt in diesem Fall Hypothekenkredite für Mixed-Use-Immobilien und begibt gleichzeitig Schuldverschreibungen, die durch den Spezialfonds erworben werden. Die Zinszahlungen der Kreditnehmer werden dann im Rahmen einer Pass-Through-Struktur direkt an die Investoren der Schuldverschreibung (den Spezialfonds) weitergeleitet. Die emittierte Anleihe ist besichert durch die erstrangigen Hypotheken und die Immobilien können im Falle einer Zahlungsstörung verwertet werden. In diesem Fall kaufen Investoren zwar Anleihen – die aufsichtsrechtlich als Wertpapier gelten – das Exposure im Portfolio, das erworben wird, ist jedoch Credit. Diese Struktur ist nötig, da deutsche Spezial-AIFs aufgrund der regulatorischen Anforderungen nur Kredite erwerben, nicht jedoch vergeben dürfen.
Zusätzlich gehören auch Social Real Estate und Real Estate Debt zum Leistungsportfolio der Deka. Ein weiterer Schwerpunkt sind Erbbaurechts-besicherte Transaktionen. Die Deka hat als erster am Markt die attraktive Anlageklasse der Erbbaurechte erschlossen und für institutionelle Anleger erwerbbar gemacht. In diesem Bereich strukturiert sie für Investoren Wertpapierportfolios aus mit Erbbaurecht belasteten Grundstücken. „Für eine Transaktion in der jüngeren Vergangenheit haben wir ein Portfolio aus mehreren hundert einzelnen Erbbaurechtsverträgen strukturiert, dem über 1.000 Erbbauberechtigte und rund 9.000 Wohneinheiten in über 60 Städten zugrunde lagen. In diesem Fall kann man also von einem breit diversifizierten Portfolio an Grundstücken sprechen“, erklärt Gruszczyk. Der Erbbauzinsanspruch für die Investoren ist vorrangig gegenüber anderen Grundstücksbelastungen. Um die Zahlung der Erbbauzinsen sicher zu stellen, kann außerdem auf die Solvenz der Mieter und der Erbbauberechtigten sowie auf den Verkehrswert der Gebäude und der Grundstücke zurückgegriffen werden. Die Rendite für Investoren lag dabei für diese Transaktion bei rund drei Prozent.
Ein weiteres interessantes Segment bilden Middle-Market Loans. Hier offeriert die Deka ihren institutionellen Kunden unterschiedliche Partizipationen an Senior-Lending-Fazilitäten von Middle-Market-Loan-Portfolios, die im Anleiheformat in deutschen Spezialfonds verwaltet werden. „Private Debt bietet institutionellen Investoren ein breites Spektrum an attraktiven Investment-Gelegenheiten, bei denen die Deka sie mit einer Vielzahl von Dienstleistungen unterstützt. Durch die verschiedenen Sub-Assetklassen wie Corporate Debt, Real Estate Debt, Infrastructure Debt, Social Real Estate Debt und viele weitere ist Private Debt bereits jetzt eine attraktive Strukturkomponente für institutionelle Portfolios. Allerdings fehlen noch EU-weite verbindliche Klassifizierungen für Vehikel und Anforderungen für Produkte, um die Assetklasse für Investoren noch einfacher zugänglich zu machen. Eine solche Vereinheitlichung würde der Assetklasse zusätzlichen Schub verleihen“, fasst die Expertin für Kundenregulatorik zusammen.
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