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Risikostufenmodell – Nicht nur schwarz oder weiß.

Unternehmen ausschließen, deren Geschäftsmodell ESG-Risiken beinhaltet, und gleichzeitig positive Veränderungen honorieren: Die Integration von ESG in die Portfoliogestaltung ist hochkomplex. Die Deka setzt in ihrem Investmentprozess daher unter anderem auf ein Risikostufenmodell, das dynamisch ist und den Kontext von Maßnahmen sowie die Wechselwirkungen von Unternehmen mit einbezieht.

Juli 2023

Wie lässt sich Nachhaltigkeit wirkungsvoll in einer Anlagestrategie umsetzen? Sollten Investoren kritische Unternehmen meiden − oder versuchen, sie zu verändern? Klar ist: Wenn negative Phänomene wie Trockenheit oder Umweltverschmutzung bestehende Geschäftsmodelle gefährden und Menschenrechtsverstöße die Reputation von Unternehmen schädigen, bringt dies Risiken mit ins Portfolio. Ein konsequenter Ausschluss solcher Sektoren oder Unternehmen wäre folgerichtig. Dies hätte aber möglicherweise auch den Verzicht auf Renditechancen zur Folge. Gleichzeitig würde ein solcher Ansatz positive Veränderungen nicht honorieren – sich aus der grünen Transition der Wirtschaft ergebende Chancen blieben unberücksichtigt. Die Deka hat sich deshalb für einen ausdifferenzierten Investmentprozess mit voller ESG-Integration entschieden, um Emittenten wie Unternehmen oder Staaten über verschiedene Anlageinstrumente hinweg nach ihrem ESG-Risiko angemessen bewerten zu können.

Mehrstufiger Investmentprozess.

An dessen Anfang stehen bei der Deka zunächst Ausschlusskriterien. „Die Investition in Hersteller kontroverser Waffen oder die Spekulation auf Grundnahrungsmittel sind bei uns grundsätzlich ausgeschlossen“, betont Marianne Ullrich, Expertin für Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka. Die nächste Schwelle der Vorauswahl bildet die Berücksichtigung definierter PAI-Grenzen (Principal Adverse Impacts), welche die wichtigsten negativen Nachhaltigkeitsauswirkungen bezeichnen, die von einem Investment ausgehen können. Haben Emittenten auch diese durchlaufen, greift das Deka-interne ESG-Risikostufenmodell. Dabei geht es vor allem darum, potenziell auftretende Nachhaltigkeitsrisiken, unabhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell, rechtzeitig identifizieren und bewerten zu können.

„Die dynamische Analyse von ESG-Risiken ist fester Bestandteil des Investmentprozesses.“

Marianne Ullrich

Expertin für Nachhaltigkeit und Corporate Governance, Deka

Im regelmäßigen Turnus nimmt das ESG-Team der Deka Unternehmen unter die Lupe, bei denen eine automatisierte Signalgenerierung Hinweise auf mögliche ESG-Kontroversen gibt. „Die automatisierten Signale helfen uns dabei, rund 12.000 Emittenten aus dem Gesamtuniversum auf einmal im Blick zu haben. Das wäre mit einer manuellen Analyse deutlich zeitintensiver“, erklärt Dr. Alex Kusen, Senior ESG-Stratege bei der Deka. Auf Basis von extern bezogenen ESG-Daten wurden für die Bereiche E, S und G jeweils Schlüsselindikatoren (KPIs) definiert, zum Beispiel Verstöße gegen den UN Global Compact. Werden solche Verstöße bekannt, wird im System ein Signal ausgelöst. Die entsprechenden Emittenten werden in diesem Fall auf eine Beobachtungsliste genommen. Zusätzliche Hinweise der Sektorverantwortlichen des ESG-Teams oder des Fondsmanagements ermöglichen auch bei Ad-Hoc Ereignissen eine individuelle Analyse.

Veränderungen und Risiken bewerten.

Die Signale werden mit unserem internen Research und externen Quellen verglichen und kritisch hinterfragt, so Marianne Ullrich: „Häufig wissen die Fondsmanager und wir mehr über die Unternehmen als die externe Ratingagentur, da wir zu vielen Unternehmen einen direkten und langjährigen Kontakt haben.“

Das ESG-Team entscheidet dann, wie die Auffälligkeit zu bewerten ist. Im Anschluss erfolgt die Einstufung im Risikostufenmodell in den Kategorien A (keine Auffälligkeiten) bis F (schwerste Verstöße). Diese Kategorisierung hat Auswirkungen darauf, inwieweit die Deka-Fondsmanager in die Instrumente des jeweiligen Emittenten investieren dürfen. So gilt für die Kategorie F ein generelles Investmentverbot für alle Deka-Wertpapierfonds und Mandate; entsprechende Bestände müssten verkauft werden. Bei den darunterliegenden Kategorien gibt es Abstufungen, etwa für Produkte mit einem ESG-Fokus.

Verbesserungen berücksichtigen.

Im Risikostufenmodell werden jedoch auch Verbesserungen bei Kontroversen berücksichtigt, Emittenten gegebenenfalls wieder heraufgestuft: „Eine Fokussierung auf die Verstöße der Vergangenheit alleine wäre nicht zielführend. Um in Nachhaltigkeitsfragen auch etwas zu bewirken, muss die positive Veränderung eines Emittenten angemessen berücksichtigt werden“, unterstreicht Kusen. „Unser System soll die Risiken, aber auch die Chancen aufzeigen.“

Aus diesem Grund sieht man bei der Deka auch nicht das Desinvestment als primäres Ziel: „Wir schauen uns vor jeder Entscheidung genau an, wie das Unternehmen mit der Kontroverse umgeht und haben verschiedene Möglichkeiten einzuwirken, etwa im direkten Dialog oder durch Auftritte auf Hauptversammlungen“, beschreibt Ullrich. Auch der Sektorvergleich zählt. So treten bei Unternehmen aus dem Grundstoffsektor umweltbezogene und soziale Probleme häufiger auf, während Technologiewerte öfter Governance-Fragen aufwerfen. Kusen hebt deshalb die Notwendigkeit hervor, Unternehmen innerhalb eines Sektors zu vergleichen: „Wenn man nur auf die Rohdaten blickt, vergleicht man Äpfel mit Birnen. Deshalb sind die Ergänzung durch das proprietäre Research und der interne Austausch so wichtig.“

„Unser Risikostufenmodell ist nicht statisch, sondern berücksichtigt immer auch den Kontext und die möglichen Wechselwirkungen.“

Dr. Alex Kusen

Senior ESG-Stratege, Deka

Hinzu kommt: Auch bei Umweltfragen ist die Welt nicht immer schwarz oder weiß. Beispiel Kupferrecycling: Im Zuge der Energiewende ist die Aufbereitung eine wichtige Unterstützung der Transformation, die aber sehr wasserintensiv ist. „Würden wir nur auf den Wasserverbrauch achten, müssten wir Unternehmen ausschließen, die von ihrem Geschäftsmodell her eigentlich nachhaltig agieren“, so der Experte. „Deshalb ist unser Risikostufenmodell nicht statisch, sondern berücksichtigt immer auch den Kontext und die möglichen Wechselwirkungen.“

Das Thema ESG birgt für Investoren verschiedene Facetten, denen eine statische Betrachtungsweise nicht gerecht wird. Deshalb ist das Risikostufenmodell der Deka darauf ausgerichtet, Risiken zu kontrollieren, Veränderungen anzustoßen und voranzutreiben sowie Chancen zu wahren, die nachhaltig agierende Unternehmen als mögliche Gewinner von morgen bieten.

Quelle: Markt & Impuls, Sonderausgabe Juli 2023

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