Deka Institutionell Investment-Konferenz 2023
„Wir müssen den Menschen Mut machen“
Evidenzbasiertes Investieren mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit – Fridtjof Detzner, Mitgründer der Venture-Capital-Gesellschaft Planet A, ist überzeugt, dass ein Zusammenspiel von Wissenschaft und Unternehmertum möglich und ein Engagement für den Klimawandel unverzichtbar ist. Auf der Deka Institutionell Investment-Konferenz berichtete er, wie er zu dieser Erkenntnis gelangt ist, und warum Risikokapitalgeber einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Wirtschaft von morgen haben können.
Dezember 2023
Die Welt steht an einem Wendepunkt: „Die Klimakrise und ihre Auswirkungen nehmen immer und es liegt an jedem Einzelnen, diese Veränderung herbeizuführen. Wir sind alle in der Pflicht, denn aktuell nehmen wir einen Kredit auf, den nachfolgende Generationen vermutlich nicht mehr an Intensität zu und die Menschheit ist viel zu langsam im Kampf gegen die Erderwärmung“, warnt Fridtjof Detzner, Mitgründer des Website-Baukastens Jimdo sowie von Planet A, einer Venture-Capital-Gesellschaft mit Fokus auf nachhaltige Transformation. „Die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels ist sehr unwahrscheinlich. Ein großer Wandel ist unumgänglich zurückzahlen können.“
Unter dem Motto „Deutschland zwischen Realität und Vision – mit Zuversicht die Zukunft gestalten“ referierten und diskutierten Expertinnen und Experten verschiedener Branchen sowie der Deka über die Zukunft Deutschlands. Gemeinsam gingen sie auf der Deka Institutionell Investment-Konferenz Fragen nach wie „Wo steht Deutschland und wie schaffen wir es gemeinsam, die Zukunft positiv zu gestalten? Wie verändern sich durch die vielfältigen Herausforderungen politische und ökonomische Rahmenbedingungen für Investierende?“.
Mit drastischen Worten konfrontierte Start-up-Unternehmer Detzner die Zuhörer. Dabei machte er deutlich, dass eine Betrachtung der Klimakrise als singuläres Problem nicht ausreiche, da sie mit vielen anderen Krisen heutzutage interdependent sei. Auf diese Komplexität seien wir jedoch nicht vorbereitet: „Wir sind als Menschen nicht darauf ausgelegt, so viele Krisen gleichzeitig mental verarbeiten zu können. Angesichts der Flut an schlechten Nachrichten ist es eine natürliche Reaktion, zu verzweifeln oder zu deflektieren. Daher dürfen wir nicht bei Warnungen und immer neuen Horrornachrichten stehen bleiben.“ Stattdessen sei es notwendig, den Menschen Mut zu machen und das Narrativ zu ändern. Dazu brauche es Erzählungen, die den Menschen zeigen, wie sie in kleinen Schritten etwas erreichen können, die positiv sind und Chancen aufzeigen, sodass sie heute nachhaltige Entscheidungen treffen.
Investitionen in eine nachhaltigere Zukunft.
Diese Vision zeigt sich auch bei Planet A, das Detzner mit Partnern im Jahr 2020 gründete. Planet A basiert auf der Idee, dass die Wirtschaft der Zukunft von den Entscheidungen abhängt, die heute getroffen werden. „Um künftig also über eine nachhaltige Wirtschaft und nachhaltige Lösungen zu verfügen, müssen heutzutage Unternehmen gefördert werden, die diese bereitstellen können“, erläuterte Detzner. So investiert Planet A etwa in das slowakische Unternehmen GA Drilling, dessen Plasmabohrer die Nutzbarkeit von Geothermie massiv erhöhen können. „Unser Ziel ist es, Investitionen mit wissenschaftlich nachgewiesener Wirkung zum neuen Industriestandard zu machen. Dazu beschäftigen wir eine Reihe von Wissenschaftlern, die für jedes potentielle Unternehmen eine Analyse der Umweltverträglichkeit durchführen, meist auf Basis von Lebenszyklusanalysen. Wir wollen nur in Geschäftsmodelle investieren, die das Potential haben, eine Branche oder ein System dauerhaft zu verändern.“
Dabei sei die Umsetzung dieses Ansatzes in den Grundzügen sehr kongruent mit der Vorgehensweise anderer, traditioneller Risikokapitalgeber. „Um informierte Entscheidungen treffen zu können, müssen wir erst dazu in der Lage sein, Dinge sinnvoll zu vergleichen. Dafür ist es wichtig, den nachhaltigen Impact von Unternehmen und Produkten quantifizieren und bilanzieren zu können“, so Detzner. „Wir investieren nur evidenzbasiert. Hier finden wir eine klare Schnittstelle von Wissenschaft und Unternehmertum.“ Wichtig sei auch, dass Produkte und Lösungen skalierbar seien, um einen möglichst großen Impact entwickeln zu können.
Nachhaltigkeit als Renditetreiber und Teil des Risikomanagements.
In der Finanzbranche verstehen viele Unternehmen ESG als Teil eines holistischen Risikomanagementsystems: Durch die Berücksichtigung von ESG-Kriterien lassen sich künftige Risiken identifizieren und minimieren. Der Ansatz von Planet A steht dem sehr nah, so der 40-Jährige: „Durch unsere Analysen modellieren wir für Firmen unter anderem ein sogenanntes Transition Risk: Wer wird zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern der Transformation gehören? So lassen sich Transitionsrisiken in Portfolios erkennen und steuern. Zudem gehen wir davon aus, dass die Politik nicht umhinkommen wird, Nachhaltigkeit gesetzlich weiter voranzutreiben. Damit ist klar, dass die künftige Regulatorik nachhaltige Unternehmen klar favorisieren wird und andere, die nicht ökologisch handeln, abgestraft werden. Insofern erwarten wir für Unternehmen, die den Wandel aktiv vorantreiben, auf Dauer auch eine höhere Rendite.“
Seine Leidenschaft für den Planeten entdeckte Detzner 2017 auf einer Drehreise durch Asien für die Deutsche Welle. 120 Tage reiste er mit einem Filmteam und Journalisten durch zehn asiatische Länder, um dort mit anderen Gründern und Unternehmern über Unternehmensführung, die wirtschaftliche Situation in ihrem jeweiligen Land sowie die UN-Nachhaltigkeitsziele zu sprechen. Für Detzner gingen Licht und Schatten in dieser Zeit Hand in Hand: „Es war eine extreme Zeit – ich habe sehr inspirierende und Hoffnung machende Gespräche geführt, aber auch in menschliche Abgründe voller Leid und Hoffnungslosigkeit geblickt und immer wieder auch selber das Gefühl gehabt, die Hoffnung zu verlieren.“ Seine Erlebnisse aus der Reise sind für Detzner daher auch heute noch sein Antrieb, sich mit aller Kraft für eine ökologisch nachhaltigere Wirtschaft einzusetzen.
Aus diesem Grund ist Aktivismus für den Firmengründer auch ein notwendiges Mittel, um bei der Problembekämpfung voranzukommen: „Ohne den Einsatz von Umweltschützern in der Vergangenheit, stünden wir heute nicht, wo wir jetzt sind.“ Für eine Lösung des Klimawandels sei es jedoch wichtig, zuerst das Problem anzuerkennen, verdeutlicht der Unternehmer: „Wenn wir uns über das Problem nicht einig sind, können wir nicht gemeinsam an einer Lösung arbeiten – das ist heutzutage eine große Herausforderung. Dabei ist es wichtig, sich ganz nüchtern zu fragen, wo Überschussemissionen herkommen und welche Regionen besonders verwundbar für die Auswirkungen des Klimawandels sind.“ Dann zeige sich schnell, dass vielfach die Konsequenzen wirtschaftlichen Handelns nicht korrekt eingepreist seien. An dieser Stelle plädierte der Investor Detzner für ein Umdenken: „Investitionsentscheidungen haben Konsequenzen. Wir können heute die Welt von morgen definieren. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen.“
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